Geologie
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Die Autobahn von Würzburg nach Ulm durchquert eine der reizvollsten und markantesten Landschaften Süddeutschlands: Die Schichtstufenlandschaft des Keupers und des Jura im Grenzgebiet zwischen Baden-Württemberg und Bayern. Dabei steigt sie entsprechend dem allgemeinen Schichtenfallen nach Südosten - von den geologisch älteren Schichten (Muschelkalk) über die Keuperschichten zu den jüngeren Juraablagerungen der Schwäbischen Alb, die alle während des Erdmittelalters (Mesozoikum) entstanden sind.


Paläogeographie und Schichtenfolge
 

Die Muschelkalk- und Keuperschichten (zur mittleren und oberen Trias gehörend) sind vor 210 - 185 Millionen Jahren in einer sich immer weiter vertiefenden, weitgespannten Sammelmulde, der "Germanischen Senke" unter mehrfach wechselnden Bedingungen abgelagert worden: So wechseln Meeresablagerungen (u. a. chemisch ausgefällte Sedimente, z. B. Kalke) nach stärkeren Sedimentations- und Aufschüttungsphasen mit kontinentalen Bildungen (z. B. wüstenartige Sandablagerungen). Begrenzt wurde diese Senke durch ein Hochgebiet im französischen Raum und im Osten durch das sog. Vindelizische und Böhmische Festland.

Im Laufe der Jurazeit (vor 185 - 150 Mill. Jahren) wurde besonders in dessen mittlerem Abschnitt (Braunem Jura) die südlich gelegene Vindelizische Schwelle mehr und mehr abgetragen und überflutet, so daß während derjüngeren Weißjurazeit eine weite, offene Verbindung zum damaligen Weltmeer im Süden, der"Tethys", bestand.

In der folgenden Kreidezeit wurde unser Raum so weit gehoben, daß dieser nun zum Ablagerungsgebiet wurde. Es währte dann wieder viele Millionen Jahre, bis durch Bildung von Entwässerungssystemen, durch Erosion und flächenhafte Abtragung unsere Landschaft so geformt war, wie wir Menschen sie heute vor uns sehen.

Der Obere Muschelkalk ist im wesentlichen aus Kalken und Kalkmergeln aufgebaut, Darüber liegt der Lettenkeuper (Unterkeuper), eine ca. 20 m mächtige Folge aus Tonsteinen, Dolomitbänken und Sandsteinen, abgelagert unter mehrfach wechselnden marinen und festländischen Einflüssen.

Der nun folgende Gipskeuper (Mittlerer Keuper) zeigt eine fast 100 m starke Serie von grauen und bunten Tonsteinen und Tonmergeln mit Gipseinlagerungen, während der höhere Mittelkeuper im wesentlichen aus Sandsteinen mit Tonsteinlagen besteht (Sandsteinkeuper),

Der im Trassenabschnitt nur gering verbreitete Knollenmergel (am Anstieg zu den Schwarzjuraflächen) ist aus rotbraunen und violetten Tonsteinen mit kalkigen Steinmergelknollen zusammengesetzt.

Der Obere, Keuper (Rät) ist hier so gering entwickelt, daß er in diesem Zusammenhang nicht erwähnt werden muß.

Im Schwarzen Jura (Lias) herrschen dunkle, teilweise auch bituminöse Tonsteine und Mergel vor, während der Braune Jura (Dogger) im wesentlichen aus sandig-tonigen, stellenweise eisenführenden Sedimenten zusammengesetzt ist, die dann von kalkigen Ablagerungen des Weißen Jura (Malm) überlagert werden.


Die Landschaft

Es bietet sich an, die von Norden nach Süden von der Autobahntrasse durchfahrene Landschaft nach morphologischen und geologischen Gegebenheiten in vier naturräumliche Bereiche zu gliedern:

1 . Die Muschelkalk-Lettenkeuperhochfläche zwischen Würzburg/ Biebelried und der Anschlußstelle Bad Windsheim mit der weiter östlich davon gelegenen Keuperstufe des Steigerwaldes.

2. Die Keuperlandschaft zwischen der Anschlußstelle Bad Windsheim und der Rastanlage "Ellwanger Berge", südlich des Virngrundtunnels mit dem Hügelland der Frankenhöhe und dem Ostrand der Ellwanger Berge.

3. Das Vorland der östlichen Schwäbischen Alb mit der flachen und hügeligen Landschaft des Schwarzen Jura (Lias) und des Braunen Jura (Dogger) mit Blick auf den Albtrauf der Schwäbischen Alb.

4. Der Anstieg zum Weißjura (Malm) der Schwäbischen Alb und die Überquerung der Albhochfläche, die - entsprechend der Schichtenneigung - zur Donauniederung abfällt und dort die ost-westverlaufende Autobahn München - Stuttgart erreicht.

Zu 1. Im Bereich der flachwelligen Mainfränkischen Gäulandschaft südlich von Biebelried führt die Trasse auf der landwirtschaftlich intensiv genutzten Muschellkalk-Lettenkeuperfläche, die mit geologisch jungen (quartären) Löß-, Lößlehmschichten überlagert ist. Die Gäufläche wird gelegentlich von Taleinkerbungen durchzogen, in denen der Lettenkeuper angeschnitten ist. Bei der Überquerung des Maintals - in ge ringem Maße auch bei der des Bräunbach- und des Gollachtales - werden auch die tiefer liegenden Schichten des Oberen Muschelkalkes angetroffen. Im Südosten und Osten begleiten die Autobahn (bis etwa auf die Höhe von Uffenheim) die Keuperberge des Steigerwaldes. Weiter südlich taucht im Südosten der nördliche Teil der Frankenhöhe auf.

Zu 2. Die Trasse führt hier zunächst im Bereich des flachweiligen Gipskeupers entlang des westlichen Fußes der Frankenhöhe. Bald wird rechts, d. h. im Westen, der Blick frei auf die alte Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber mit ihren Türmen. Sie liegt - hoch über dem tief eingeschnittenen Taubertal noch auf der Gäufläche der östlichen Hohenloher Ebene, die die Trasse zwischen Neusitz und Gebsattel kurz streift. Südwestlich von Schillingsfürst wird im Bereich der Frankenhöhe der Sandsteinkeuper erreicht und die europäische Wasserscheide Main/Donau überquert. Die Autobahn führt dann ab der Anschlußstelle Wörnitz auf größere Länge (fast bis zur Landesgrenze) entlang des"alten", danubischen Wörnitztales mit seinen weiten Talflächen.
Weiter südlich - ab der bayerisch/baden-württembergischen Landesgrenze - wird dann der flächig ausgebreitete, höhere Sandsteinkeuper erreicht, wobei die Trasse nördlich von Wildenstein wieder in das rheinische Einzugsgebiet und damit in die östlichsten Ausläufer der Ellwanger Berge übertritt.

Zu 3. Beim Virngrundtunnel unter dem Hornberg stößt die Autobahn auf den nördlichsten Ausläufer des Schwarzjurastufenrandes, der hier noch mit inselartig ausgebildeten Bergkuppen in Erscheinung tritt. Der Tunnel selbst ist in den Schichten des Stubensandsteins aufgefahren.
Bei der Rastanlage "Ellwanger Berge" und nach Überquerung eines südlich davon gelegenen Tälchens wird die eigentliche Liashochtläche östlich von Ellwangen erreicht. Entsprechend der nun stärkeren Schichtenneigung nach Süden (zum Albtrauf hin) tritt die Autobahn etwa 2 km nördlich der Überquerung der Jagst in den Braunjura ein, der dann bis kurz vor dem Eingang zum Agnesburgtunnel ansteht.
Sowohl auf den Liasschichten als auch auf der unteren Stufe des Braunjura lagern relativ mächtige Sande und Kiese, die sog. "Goldshöfer Sande", die von der Trasse mehrfach angeschnitten werden. Sie gehören zu umfangreichen, hier reliktartig erhaltenen Ablagerungen eines ältestpleistozänen (früheiszeitlichen) Flußsystems, das über die Ur-Brenz noch zur Donau entwässerte.

Zu 4. Kurz vor dem Agnesburgtunnel unter dem Bohler, einem markanten Stufenrandberg der Schwäbischen Alb, tritt die Autobahn in die Schichten des Weißen Jura ein. DerTunnel durchquert die Kalkmergel der unteren Weißjura-Stufe (Weißjura alpha). Südöstlich davon durchfährt die Trasse beim Anstieg zur Albhochtläche einen der tiefsten künstlichen Straßeneinschnitte Europas. Dabei werden bis auf eine Tiefe von 40 m die Bank- und Mergelkalke des Weißen Jura (die Stufen beta, gamma und delta) mit z. T. stark verkarsteten Massenkalken durchfahren.
Auf der kuppigen Hochfläche der Schwäbischen Alb quert die Trasse in mehreren Einschnitten die verschwammten Massenkalke und Bankkalke des VVeißjura (epsilon und zeta).
Etwa beim Rastplatz "Rotensohl" wird wiederum die europäische Wasserscheide (vom rheinischen Kochereinzugsgebiet zum zur Donau entwässernden Brenzeinzugsgeblet) gekreuzt. Im südlichen, zur Donauniederung abfallenden Teil der Schwäbischen Alb sind die Weißjuraschichten stellenweise mit tertiären Ablagerungen der Süßwasserund Meeresmolasse bedeckt. Bei Oggenhausen lagern noch Reste von Auswurfsmassen der durch einen Meteoreinschlag verursachten Rieskatastrophe.


Aus der Dokumentation zur Freigabe des letzten Teilstücks Feuchtwangen - Heidenheim am 18.12.1987 (Seite 25 - 27)
Herausgeber:
Der Bundesminister für Verkehr
Der Bayerische Staatsminister des Innern
Innenministerium Baden-Württemberg